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08.08.2016

18 Jahre jung und volljährig

Alles Gute zum 18. Geburtstag - am Beispiel von R. aus V.

​Die Früchte im Garten des Nachbarn sind immer die leckereren, denkt man. Die Neugier des Menschen spielt uns einen Streich, weil wir gern über Grenzen hinausgehen und uns dafür interessieren, was dahinter zu finden ist. Schlaue Menschen meinen deshalb: Grenzen trennen nicht, sondern verbinden.

Ähnliches könnte auch geschehen, wenn sich menschliches Leben entwickelt und wenn Jungen und Mädchen erkennen müssen, dass sie mit 13 oder 14 noch nicht alles dürfen, was Volljährigen erlaubt ist, z. B. der Zutritt zu Solarien (was an der Strahlung liegt).

Wer nun denkt, dass Volljährigkeit, also das Erreichen der vollen Geschäftsfähigkeit, auch das aktive und passive Wahlrecht auf Bundesebene, immer bedeutete, dass man dazu 18 Jahre jung sein musste, irrt sich: Das ist erst seit dem 1.1.1975 so in der Bundesrepublik. Die DDR war da etwas schneller: Da durfte man schon ab 22.5.1950 aktiv die Volkskammer wählen. Naja, jedenfalls produzierte man im Kollektiv da fast 100-prozentige Lösungen. Und wichtig zu wissen: Ganz früher (vor 1876 in vielen deutschen Landen) wurde man in Deutschland erst mit 25 volljährig.

Ich stelle fest: Es hat eine rasante beschleunigte Persönlichkeitsentwicklung in den vielen letzten Jahrzehnten gegeben. Statt 25 nun mit 18 Jahren volljährig, dass bedeutet eine Verkürzung der Kinder- und Jugendzeit um 7 Jahre, also um fast ein Drittel der bis dahin zurückgelegten Lebenszeit.

Gottseidank hatte das auf den Erwerb des Führerscheins keine Bedeutung: Der ist schon immer bei 18 Jahren gewesen (mal abgesehen davon, dass Frau Benz gar keinen Führerschein hatte und auch nicht brauchte…)

Warum ich auf das alles komme, liegt an einer Anzeige, die bereits im Juni 2016 in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung zu lesen war. Da wurde einem „ganz besonderen Mädchen“ alles Gute zur Volljährigkeit gewünscht.
Lass dir Zeit, erwachsen zu werden – das meinten Mama, Papa, Oma, R, K. und B.

Zwar markiert das 18. Lebensjahr von allen einen absoluten Einschnitt in der Rechtsstellung eines Menschen, aber man kann sich ja Zeit lassen: Geh ich mit 30 das erste Mal wählen, mach ich mit 40 meinen Führerschein? Oder rutsche ich vor meinem 45. Geburtstag noch schnell als Beamter in den öffentlichen Dienst?

Eigentlich kann ich mir ja Zeit lassen: Mit 60 wäre im Verteidigungsfall für Männer das Ende der Wehrpflicht erreicht. Das sollte ich doch schaffen.

Allerdings neige ich eher dazu, jungen Leuten nicht das Abwarten und Zeitlassen zu raten, sondern: Nehmt euer Leben in die eigenen Hände, übernehmt Verantwortung für euch und andere – aber lasst euch um Gottes Willen nicht Zeit, erwachsen zu werden. Das wäre eine Verschleuderung von Lebensenergie. So nach dem Motto: Och nööö, die Volljährigkeit mit 18 wird biografisch vollkommen überschätzt.

Nur lassen Sie sich bitte trösten: Es gibt noch eine ganze Menge von relevante Altersstufen im deutschen Recht.

Ich jedenfalls wusste nicht, dass ich bereits als noch nicht geborenes, aber gezeugtes Kind erbberechtigt gewesen wäre (§ 1923 BGB).

Bevor Sie vollends altern, sollten Sie sich noch als Schöffe engagieren. Damit ist es nämlich zum 70. Geburtstag vorbei. So steht es im Gerichtsverfassungsgesetz.

Als Notar haben Sie dann auch ausgedient. Der Stempel sind genug beigedrückt….

Mein Tipp: Genießen Sie in Ihrem jeweiligen Alterssegment Ihre Rechte und Pflichten.

Ein besonderer Freiheitsgrad zum Erwachsenwerden stellt wohl die Vollendung des 10. Lebensjahres dar: Dann muss (!) man nämlich mit seinem Fahrrad die Fahrbahn bzw. den Radweg benutzen (§ 2 Abs. 5 StVO). Ab 12 darf man dann ohne Kindersitz im Auto mitfahren, egal wie groß oder schwer man dann gerade ist.

Immer dran denken: Lass dir Zeit, erwachsen zu werden.
Aber bitte aufpassen: Man wird trotzdem vor Gericht und entsprechend dem eigenen Alter behandelt!​


2016 volljährig 2